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VBE Rheinland-Pfalz

Landesvorsitzender verfasst offenen Brief an die Bildungsministerin

15.12.2020

Offener Brief zum EPOS-Schreiben vom 14.12.2020 – Konsequente Kontaktreduktion? Nicht in der Schule!

Frau
Bildungsministerin
Dr. Stefanie Hubig
Ministerium für Bildung
Mittlere Bleiche 61
55116 Mainz

Mainz, 15. Dezember 2020

Offener Brief zum EPOS-Schreiben vom 14.12.2020 – Konsequente Kontaktreduktion? Nicht in der Schule!

Sehr geehrte Frau Dr. Hubig,

durch die dynamische Entwicklung der Corona-Pandemie in Deutschland und den damit verbundenen Höchstständen an Neuinfektionen und Todesfällen haben der Bund und die Länder einen erneuten Shutdown ab dem 16.12.2020 zur Eindämmung des Infektionsgeschehens beschlossen. Davon zeigten Sie sich recht überrascht, warf dieser Entschluss doch Ihre Haltung über Bord, auf Biegen und Brechen die Schulen offenzuhalten – komme was wolle, seien die Infektionszahlen noch so erschreckend hoch. Die Schulen seien ja vermeintlich sicher.

Vor dem regulären Beginn der Weihnachtsferien wurde mit dem Shutdown auch die Präsenzpflicht der Schülerinnen und Schüler ab dem 16. Dezember aufgehoben. Wo es möglich ist, sollen sie zuhause bleiben. Auch wird es in dieser Zeit keinen Fernunterricht geben. Die Lehrkräfte sind bis zu den Ferien dennoch angehalten, ihren Dienst grundsätzlich in der Schule zu verrichten. Zur Erinnerung: Nach Möglichkeit sollen ja keine Schülerinnen und Schüler anwesend sein. In dieser Zeit soll der bis zum 15.01.2021 angesetzte Fernunterricht vorbereitet werden. In der Praxis bedeutet das, dass die Lehrkräfte ihre Materialien von zuhause in die Schulen bringen und dort arbeiten müssen. Hier zeigt sich einmal mehr die absolute Praxisferne Ihrer Vorstellungen.

Wieso gilt eine grundsätzliche Präsenzpflicht für Lehrerinnen und Lehrer, wenn doch alle anderen Betriebe die Heimarbeit anordnen, wo dies möglich ist? Wieso gilt eine Präsenzpflicht für die Kolleginnen und Kollegen, die ohnehin keinen Arbeitsplatz oder Endgeräte für ihre Arbeit in den Schulen haben? Wir vermissen hier die notwendige Klarheit und eine schlüssige Begründung, die sich mit den allgemeinen Empfehlungen deckt.

Auch der Schutz der Gesundheit bleibt bei dieser Regelung auf der Strecke. Zwar sollen die Bürgerinnen und Bürger – wo es geht – Kontakte vermeiden und im Homeoffice arbeiten – für die Lehrkräfte scheint dies alles aber nicht zu gelten. Das widerspricht vollkommen Ihrem und dem allgemeinen Appell, die Kontakte konsequent zu reduzieren. Dieses inkonsequente Vorgehen Ihrerseits schürt Unmut und Wut bei den Lehrerinnen und Lehrer, führt zu Hilflosigkeit und in letzter Konsequenz auch zu Resignation.

Die jetzt getroffenen Regelungen zeigen, dass das Bildungsministerium noch immer keine konkrete Perspektive für die kommenden Monate unter Corona-Bedingungen oder gar Strategien für den Unterricht in 2021 entwickelt hat. Zwar verweist man in den Maßnahmen für die Zeit auf Szenario 3, jedoch fährt man hier auf Sicht und plant nur bis Mitte Januar – ohne verbindliche Regelungen für die Zukunft zu schaffen.

Es ist Ihre Aufgabe, nun endlich zu liefern: In Form von konkreten Rahmenbedingungen und einer entsprechenden digitalen Ausstattung für Lehrkräfte sowie für Schülerinnen und Schüler.

Es ist ohnehin ein Armutszeugnis, dass neun Monate nach den ersten Schulschließungen noch immer nicht wie versprochen alle Schülerinnen und Schüler mit einem digitalen Endgerät ausgestattet sind – ganz zu schweigen von den digitalen Endgeräten für alle Lehrerinnen und Lehrer. Bis wann wollen Sie damit noch warten?

Es ist ein Trauerspiel, dass Sie – eine zweite Welle war absehbar – noch immer wie das Kaninchen vor der Schlange stehen: Unfähig sich zu bewegen – handlungsunfähig im Sinne praxisorientierter Empfehlungen für die Schulen.

Es ist überdies eine Farce, dass Sie den Lehrerinnen und Lehrern empfehlen, Unterrichtsinhalte zu verschlanken, wenn dies nötig ist. Im Gegensatz zu Ihrem Hause, haben sich die Kolleginnen und Kollegen längst auf die Situation des Szenarios 3 vorbereitet und wissen am besten, wie sie ihren Unterricht gestalten.

Letzten Endes sind die Schulleitungen und Lehrkräfte auch jetzt wieder ganz auf sich gestellt, das Beste aus der Situation zu machen, die bestmögliche Bildung für die Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten.

Sehr geehrte Frau Hubig, damit Schule in den kommenden Monaten sinnvoll funktionieren kann, ohne dabei die Gesundheit der Akteure aufs Spiel zu setzen, fordern wir von Ihnen:

  • den Gesundheitsschutz aller an Schule Beteiligten zu gewährleisten, indem zertifizierte FFP2-Masken in ausreichender Menge zur Verfügung stehen,
  • die Lehrkräfte sowie die Schülerinnen und Schüler zügig mit digitalen Endgeräten auszustatten,
  • Fort- und Weiterbildungen für Lehrkräfte zu ermöglichen,
  • der Expertise von Lehrkräften vertrauen, wie sie den Unterricht für ihre Schülerinnen und Schülern am besten vorbereiten und durchführen – dazu gehört auch, den Wechselunterricht dort zu ermöglichen, wo er gewünscht wird,
  • den Kinder- und Jugendschutz gewährleisten, indem die Arbeit der Jugendämter ermöglicht und unterstützt wird – denn die Kinder und Jugendlichen sind letztlich die Leidtragenden in dieser Krise,
  • den Impfschutz für Lehrkräfte zu priorisieren,
  • die Zeit zu nutzen, um transparente Kriterien für verschiedene Szenarien zu überarbeiten bzw. zu entwickeln, die sich am tatsächlichen Infektionsgeschehen orientieren und
  • den Lehrkräftemangel nachhaltig zu decken.

Ich erinnere Sie dabei gerne an die Aufforderungen des Landtags vom 11. Dezember 2020 – diese decken sich in vielen Punkten mit unseren Forderungen (siehe dazu Drucksache 17/13891).

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Bold
Landesvorsitzender


 
 

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